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Die Atomlobby > Korruption und Drehtür

System der Einflussnahme

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Wie in anderen Wirtschaftszweigen blüht auch in der Atombranche die Korruption in ihren diversen Erscheinungsformen (Vorteilsgewährung, Bestechung, Schmiergeldzahlungen etc.). Dies liegt zum einen daran, dass in der "Wertschöpfungskette" der Atomwirtschaft Milliardensummen fließen. Zum anderen agieren Interessensvertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung in einem seit Jahrzehnten gewachsenen nationalen und internationalen Netz von Organisationen und persönlichen Beziehungen, die die Korruption begünstigen und verschleiern helfen.

In diesem Zusammenhang ist auch das Phänomen des sogenannten "Drehtür-Mechanismus" zu nennen, dem fliegenden Wechsel von Atombefürwortern zwischen einträglichen Posten in Politik und Atomwirtschaft.[1][2][3] Manche Politiker erhielten jahrelang Zahlungen von Atomkonzernen, bei denen sie gar nicht mehr beschäftigt waren, wie z. B. von RWE. Dies wird in den Medien als versteckter Lobbyismus bezeichnet – oder schlichtweg als Korruption.[4]

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisierte dies alles als ein "umfassendes System der Einflussnahme der Energiekonzerne auf die Energiepolitik, die rationale Entscheidungen im Interesse des Allgemeinwohls behindern". Dieser "Filz zwischen der fossil-nuklearen Energiewirtschaft und der Politik" müsse gesetzlich unterbunden werden.[5]

In der Folge werden einige der in den Medien berichtete Fälle, geordnet nach den jeweiligen (Geld-)Gebern, aufgeführt.

AREVA NP

Am 7. April 2011 warf Medienberichten zufolge die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth dem Atomkonzern AREVA NP in Erlangen vor, er betreibe ein umfangreiches System schwarzer Kassen. Acht ehemalige Mitarbeiter sollen zwischen 2002 und 2005 Schmiergeldzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe ins Ausland geleistet haben, um dort an Aufträge zu kommen. Die Staatsanwaltschaft verglich die Vorkommnisse mit den Schmiergeldskandalen bei Siemens und KWU.[6][7] Die Staatsanwaltschaft führte Durchsuchungen bei AREVA NP sowie bei 31 Firmen- und Privatimmobilien in Deutschland und Tschechien durch.[8]

Wenige Tage später, am 11. April 2011, gab Siemens seine Trennung von AREVA NP bekannt und den Verkauf sämtlicher Anteile an den AREVA-Konzern, der bereits am 18. März 2011 vollzogen wurde.[9]

EnBW

Vom Atomkonzern EnBW, der seine Einnahmen über lange Zeit fast ausschließlich durch den Betrieb von Atomkraftwerken deckte, sind ein Fall politisch-wirtschaftlicher Verquickung sowie mehrere Korruptionsvorwürfe zu berichten.

2006 fand der Grüne Rezzo Schlauch nach seinem Ausscheiden aus der Politik eine neue Einkommensquelle als Beirat beim Atomkonzern EnBW.[10] Es verwundert also nicht, wenn er Ende März 2011, nach der Fukushima-Katastrophe, ganz im Sinne seiner Geldgeber vor einem schnellen Atomausstieg warnte, der zu einem "Finanzdesaster" und einer Kapitalvernichtung beim Atomkonzern führen würde.[11]

2009 war EnBW kritisiert worden, da der Konzern einen Korruptionsfall nicht gemeldet hatte. "Ein Mitarbeiter des Kernkraftwerks [Philippsburg], der für die Vergabe von Aufträgen Vorteile gefordert und angenommen hatte, wurde später wegen gewerbsmäßiger Korruption verurteilt."[12]

Im Mai 2012 wurden aufgrund eines anonymen Schreibens aus dem AKW Neckarwestheim erneut Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen an externe Dienstleister publik. Es gäbe "Bestechung und Vorteilsnahme in der IT-Abteilung der Kernkraftgesellschaft. Auftragsvergaben an externe Dienstleister – vor allem beim Betriebsführungssystem – würden mit Geschenken wie Laptops und Anzeigen in Vereinsheften verbunden." Die Staatsanwaltschaft prüfte die Einleitung von Ermittlungen.[12]

Monitor_Nr._638_vom_30.08.2012_WDR

Monitor Nr. 638 vom 30.08.2012 WDR

Dubiose Geldflüsse - Wie EnBW in Russland Millionen verteilte, Min. 8:49-16:52

Kurze Zeit später, im Juni 2012, veröffentlichte "Süddeutsche.de" einen Artikel, aus dem hervorging, dass EnBW ab 2001 undurchsichtige Atomdeals mit dem russischen Lobbyisten Andrej Bykow eingefädelt hatte: den Bezug von Brennelementen für über 400 Mio. Euro und andere Geschäfte, für die EnBW und möglicherweise auch andere deutsche Atomkonzerne Schmiergelder in Millionenhöhe an Bykow und russische Amtsträger geleistet hatten.[13] Einen Rechtsstreit mit EnBW wegen Uranlieferung- und -sicherung bei den Schiedsgerichten in Stockholm und Zürich konnte Bykow für sich entscheiden.[14]

Die Russland-Deals beschäftigten EnBW auch 2013. Im Oktober wurde im "Focus" berichtet, dass EnBW dafür schwarze Kassen in der Schweiz eingerichtet hatte und die Schmiergelder für Atom- und Gasgeschäfte eine Höhe von 300 Mio. Euro erreicht hatten. Die Staatsanwaltschaft Mannheim leitete Ermittlungen gegen sieben Beteiligte ein.[15] Es soll sich um für Russland übliche "Krysha-Zahlungen" (d. h. Anbahnungskosten oder Korruption) gehandelt haben, die an Klöster, Kirchen oder auch militärische Einheiten gingen, um Russland gewogen zu stimmen.[16] Bykow behauptete in einem Interview mit dem Handelsblatt, dass alle Topmanager von EnBW, auch die EnBW-Vorstandsvorsitzenden Goll, Claassen und Villis über die Geschäfte Bescheid gewusst hätten.[17]

E.ON

Vom Atomkonzern E.ON sind drei besonders dreiste Beispiele zum Prinzip Drehtür, dem fliegenden Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik, zu berichten. Betroffen waren die Konzerne PreußenElektra, VEBA und VIAG, die später zu E.ON fusionierten.

Dr. Walter Hohlefelder war im Innenministerium von Nordrhein-Westfalen, im Bundesinnenministerium und als Verantwortlicher für Reaktorsicherheit, Strahlenschutz und nukleare Entsorgung beim Bundesumweltministerium tätig. 1994 wechselte er in die Atomindustrie und war Generalbevollmächtigter bei VEBA und ab 1999 Vorstandsmitglied von PreußenElektra und E.ON. Nur konsequent war, dass er 2004 Präsident der wichtigsten Atomlobbyorganisation Deutsches Atomforum (DAtF) wurde. → Walter Hohlefelder

Mit Werner Müller, der zunächst lange Zeit bei RWE und dann bei der VEBA Kraftwerk Ruhr AG beschäftigt war, konnte die Energiewirtschaft einen der ihren bis in die Position eines Wirtschaftministers lancieren. Müller führte als Mittelsmann zur Atomindustrie unter Gerhard Schröder die Verhandlungen zum rot-grünen Atomausstieg und sorgte für lange Restlaufzeiten. Ab 2002 bezog er eine Rente von E.ON, erlaubte dem Konzern die Übernahme der Ruhrgas AG und kehrte nach seiner politischen Tätigkeit wieder in die Energiewirtschaft zurück. → Werner Müller

Gerald Hennenhöfer, der zunächst unter der Bundesumweltministerin Angela Merkel die Abteilung Reaktorsicherheit leitete, wechselte 1998 zum Energiekonzern VIAG. Er handelte auf Seite der Atomkonzerne mit seinem Pendant Werner Müller in der Regierung Schröder den Atomkonsens aus. Später wurde er von Norbert Röttgen wieder in sein altes Amt im Umweltministerium zurückgeholt und behielt dieses auch unter Peter Altmaier. Hennenhöfer verhinderte 2010 schärfere Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke. → Gerald Hennenhöfer

Mit Müller und Hennenhöfer am Verhandlungstisch konnten VEBA/VIAG/E.ON massiven Einfluss auf die Gestaltung des ersten "Atomausstiegs" unter Gerhard Schröder gewinnen und günstige Konditionen diktieren. → Schröder: Atomausstieg I

Ein weiteres Beispiel für das Prinzip Drehtür ist Kurt Joachim Lauk, der 1992 bis 1996 Vorstandmitglied bei der VEBA AG war und 2000 in den Wirtschaftsrat der CDU gewählt wurde. Er kämpfte für AKW-Laufzeitverlängerungen und gegen den Atomausstieg nach der Fukushima-Katastrophe. → Kurt Joachim Lauk

RWE

Im Dezember 2004 flogen zwei Fälle verdeckten Lobbyismus´ bei RWE auf.

Dem Atomkonzern RWE war es gelungen, mit Laurenz Meyer einen ehemaligen Mitarbeiter der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW), die später in RWE aufgingen, als Atomlobbyisten in die Politik einzuschleusen. Laurenz erhielt nach seinem Wechsel in politische Ämter eine "Abfindung" von 250.000 Deutsche Mark und hielt dafür die Fahne der Atomenergie hoch. Bis zum Ende seiner politischen Karriere forderte er, u. a. als CDU-Generalsekretär, unermüdlich Laufzeitverlängerungen für deutsche Atomkraftwerke. → Laurenz Meyer

Die Verantwortung für die Zahlungen an Laurenz soll Gert Maichel , RWE-Vorstandsmitglied und Präsident des Deutschen Atomforums (DAtF), gehabt haben, der 2005 seine Ämter verlor. → Gert Maichel

Nach einem Bericht des "Stern" von 2004 soll Laurenz Mayer darüber hinaus mit billigem Strom und einem zinsgünstigen Immobiliendarlehen versorgt worden sein und einen Dienstwagen durch die RWE-Tochter VEW erhalten haben.[18]

Zur gleichen Zeit wurde ein weiterer Skandal um Hermann-Josef Arentz bekannt, einem CDU-Präsidiumsmitglied, der Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) war. Arentz, der früher bei der Rheinbraun AG (von RWE übernommen) beschäftigt war, kassierte jährlich 60.000 Euro und einen kostenlosen Strombezug, ohne dafür eine Arbeitsleistung zu erbringen. Arentz räumte dies ein und wurde nicht mehr in das CDU-Präsidium gewählt.[19]

Beispielhaft für den energiepolitischen Filz zwischen Politik und Wirtschaft war auch der frühere Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der 2006 als Politiker bereits im Aufsichtsrat von RWE saß und für ein Ende des Atomausstiegs kämpfte. 2008 trat er aus der SPD aus und beteiligte sich an der Kampagne für die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. → Wolfgang Clement

→ heise.de: Probleme mit verdeckten Lobbyisten vom 23. Dezember 2004

Vattenfall

Der Physiker Bruno Thomauske betreute zunächst beim Bundesamt für Strahlenschutz das Projekt Gorleben. 2003 wechselte er zu Vattenfall und leitete dort die Kraftwerksparte. Er wurde beschuldigt, Insiderwissen des BfS an Vattenfall weitergegeben zu haben, was ihm aber nie nachgewiesen wurde. Unverständlich, dass Thomauske, Präsidiumsmitglied des Deutschen Atomforums und wirtschaftlich interessierter Geschäftsführer der nse, vom Umweltministerium mit der Sicherheitsanalyse für Gorleben beauftragt wurde. Sein Lehrstuhl an der TH Aachen wurde von RWE gefördert. → Bruno Thomauske

In einem Artikel des "Handelsblattes" wurde am 10. Juli 2009 auf enge Verbindungen Vattenfalls zur SPD hingewiesen. So präsentierte SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas bei den saarländischen Landtagswahlen Rainer Knauber, anfangs SPD-Politiker, später Lobbyist im Konzernbereich Politik und Gesellschaft von Vattenfall, als potenziellen Wirtschaftsminister, was ihm Spott von der Opposition einbrachte. Der Personalvorstand der Kraftwerke-Tochter Hermann Borghorst war jahrelang SPD-Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus. Vattenfall-Gesamtbetriebsratschef Wilfried Schreck war als SPD-Mitglied Bundestagsabgeordneter von 2002 bis 2005, erhielt aber weiterhin sein volles Gehalt von Vattenfall. Als weitere Beispiele werden Reinhard Schultz, Rolf Linkohr und Wolfang Dirschauer genannt. "Die Lobby-Frühstücke der energiepolitischen Arbeitsgruppe der SPD hat Vattenfall jahrelang mitfinanziert."[20]

Siemens

In Deutschland besaßen Siemens und KWU eine weitgehende Monopolstellung im Reaktorbau. Um auch an Aufträge im Ausland zu gelangen, half der Siemens-Konzern oft mit Bestechung nach, wie später aufgedeckt wurde.

Das wohl größte Schmiergeld-Geschäft in der Geschichte von Siemens wurde im Iran unter dem Schah-Regime abgeschlossen.[21] 1969 wurde ein Vertrag in Höhe von 12 Mrd. Deutsche Mark für den Bau von zwei Reaktoren in Buschehr unterzeichnet, und es flossen durch Siemens Schmiergelder in einer Höhe von insgesamt 266,6 Mio. Deutsche Mark.[22] Empfänger des Schmiergeldes war der Iraner Abolfath Machvi, einer der engsten Vertrauten des Schah. Er räumte dafür Widerstände gegen die Auftragsvergabe an Siemens beiseite und soll den Schah des erdölreichen Landes überhaupt erst davon überzeugt haben, Atomkraftwerke zu bauen. Der Schah erhoffte sich dadurch technisches Know-how zum Bau der Atombombe.[23]

Siemens errichtete auch die Atomkraftwerke Borssele (Niederlande 1973), Atucha-1 (Argentinien 1974), Gösgen (Schweiz 1979) und Trillo-1 (Spanien 1988).[24] Siemens war darüber hinaus auch am Bau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra beteiligt. Es flossen weiterhin üppige Schmiergelder.[25]

Siemens und KWU

NUKEM • ALKEM • RBU • HOBEG • TN

Im Hanauer Atomdorf, in dem NUKEM, ALKEM und andere Nuklearunternehmen ansässig waren, flog 1987 einer der größten Atomskandale der Bundesrepublik Deutschland auf. Es wurden in beträchtlichem Umfang Schmiergelder aus schwarzen Kassen eingesetzt. So verschob das Transportunternehmen Transnuklear (TN), eine NUKEM-Tochter, illegal Atommüll über die deutsch-belgische Grenze und zahlte dafür Millionenbeträge an Mitarbeiter von Energieversorgungsunternehmen und Kraftwerken.[26]

Transnuklear bestach fast alle am illegalen Abfallkreislauf Beteiligten. Die Bestechungsgelder wurden zunächst nach einem festen Aktionsplan an Atommanager und Buchhalter in den großen Stromerzeugungsunternehmen wie PreussenElektra oder RWE gezahlt, später auch an Strahlenschutzbeauftragte, Kontrolleure sowie an Mitarbeiter der französischen und belgischen Nuklearindustrie. Bonner Ministerialbeamte wurden zu Gratisreisen eingeladen. Auf diese Weise wurde ein ungehinderter Grenzverkehr von Fässern, in denen u. a. Plutonium, Kobalt-60 und Cäsium-137 enthalten waren, erkauft. Die Beschaffung und Bereitstellung der Bestechungssummen und der Einkauf von Bestechungsgeschenken war Aufgabe der Transnuklear-Mutter NUKEM. Ein Transnuklear-Manager, der Atomkraftexperten bei seiner Kundschaft geschmiert hatte, und ein Angestellter der PreussenElektra, dem die Annahme von Schmiergeld vorgeworfen wurde, nahmen sich das Leben.[27]

Hanauer "Atomdorf"

Westinghouse

1976 erhielt der US-Konzern → Westinghouse den Zuschlag für den Bau des Atomkraftwerks Bataan (Philippinen) erst, nachdem er sogenannte "Vermittlungshonorare" und "Zuwendungen" zahlte. "70 Millionen Dollar flossen in die Privatkasse des damaligen Präsidenten Marcos, Westinghouse will nichts davon gewußt haben."[28]

Der Deal war über den Lobbyisten Herminio Disini eingefädelt worden, der regelmäßig mit Marcos Golf spielte. Westinghouse gab später zu, dass Disini und Marcos zunächst mit 17 Mio. US-Dollar bestochen wurden, und Marcos insgesamt mit 80 Mio. Marcos ordnete an, den Auftrag an Westinghouse zu vergeben, obwohl der Konzern noch nicht einmal ein detailliertes Angebot abgegeben hatte. Unter der Regierung Aquino wurden zwei Klagen wegen Bestechung durch Westinghouse eingereicht. Beide Klagen wurden abgewiesen, woraufhin Vorwürfe laut wurden, beide Gerichte seien voreingenommen. Schließlich einigte man sich auf einen Vergleich: Westinghouse wurde nach Zahlung von 100 Mio. US-Dollar von jeglicher Verantwortung für das AKW freigestellt.[29]Philippinen

Kernforschungszentrum Karlsruhe

Mitarbeiter des ehemaligen Kernforschungszentrums Karlsruhe, das 2009 in das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) aufging, hatten jahrelang mit Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit Rückbaumaßnahmen an der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) zu kämpfen, die allerdings vor Gericht nicht bewiesen werden konnten.

Fünf Atommanager des Instituts wurden im November 2013 wegen Bestechung angeklagt. Einer der Manager soll 2004 und 2007 je 40.000 Deutsche Mark, ein anderer 2004 ein zinsloses Darlehen über 150.000 Deutsche Mark von einem großen schwedischen Entsorgungsunternehmen erhalten haben. Das Ermittlungsverfahren wurde 2007 begonnen und zog sich bis 2011 hin.[30][31]

Im Dezember 2013 wurden alle Angeklagten freigesprochen, weil sich keiner der Vorwürfe habe beweisen lassen. Der Richter kritisierte, dass es zu "ungerechtfertigten Durchsuchungsaktionen" gekommen sei, und ordnete Entschädigungszahlungen an.[32]Karlsruhe

Schweizer AKW-Betreiber

1983/1984 sorgte in der Schweiz das sogenannte "Spanien-Reisli" für großes Aufsehen in den Medien. Hintergrund: Die Schweizer AKW-Betreiber luden Prominente aus Politik und Wirtschaft zu einer kostenlosen Reise nach Spanien ein – anlässlich des 10. Geburtstags des Atomkraftwerks Gösgen. Die Einladung wurde auch von mehreren Mitgliedern der Züricher Stadtregierung und von der Regierung von Solothurn dankend angenommen.[33] Der frühere Energieminister Willi Ritschard wies Vorwürfe zurück, das "Spanien-Reisli" hätte in irgendeiner Weise Einfluss auf die damals bevorstehende Entscheidung zum Bau des Atomkraftwerks Kaiseraugst gehabt. Der "Spiegel" kommentierte: "Die Kleinräumigkeit sowie die enge Verflechtung von Politik und Wirtschaft lassen in der Schweiz einen Privilegien-Filz sprießen, der andernorts die Gerichte beschäftigen würde."[34]

Tatsächlich mussten sich einige der beteiligten Politiker am 5. Januar 1984 für die Annahme der Gratis-Reise vor Gericht verantworten. Die Affäre endete jedoch mit einem Freispruch, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass durch das Geschenk der AKW-Betreiber das Handeln der Regierung beeinflusst wurde.[33]

KEPCO (Japan)

Ende Juli 2014 wurde bekannt, dass zwischen 1972 bis 1990 Bestechungsgelder durch den japanischen Konzern Kansai Electric Power Co. (KEPCO) an japanische Spitzenpolitiker bezahlt wurden. Chimori Naito, ehemaliger Vizepräsident von KEPCO, erklärte dies in einem Interview. "Nach Angaben des heute 91-jährigen Naito haben sieben verschiedene Premierminister Zahlungen in Höhe von jährlich 20 Millionen Yen (etwa 145.000 Euro) vom ehemaligen Kepco-Präsidenten Yoshishige Ashihara erhalten. (...) Zudem seien weitere Politiker mit derartigen Zahlungen beglückt worden. Kepco habe mehrere Hunderte von Millionen Yen pro Jahr für diese Zwecke ausgegeben."[35]

(Letzte Änderung: 18.01.2024)

Einzelnachweise

  1. bpb: Lobbying und Politikberatung (APuZ 19/210) vom 10. Mai 2010
  2. Lobbycontrol 360° Drehtür: Atomaufseher – Atomlobbyist – Atomberater – Atomaufseher vom 2. Dezember 2009
  3. Lobbypedia: Gerald Hennenhöfer abgerufen am 17. Januar 2023
  4. heise.de: Probleme mit verdeckten Lobbyisten vom 23. Dezember 2004
  5. IPPNW: Schluss mit der Bestechung von Politikern vom 24. Januar 2006 (via WayBack)
  6. Süddeutsche.de: Schwarze Kassen in der Kernkraft-Firma vom 7. April 2011
  7. Spiegel Online Korruptionsverdacht: Fahnder vermuten schwarze Kassen bei Areva-Atomtochter vom 7. April 2011
  8. n-tv.de: Razzia beim Reaktorbauer - Areva NP unter Verdacht vom 7. April 2011
  9. Berliner Morgenpost: Siemens trennt sich vom Atomgeschäft vom 11. April 2011 (via WayBack)
  10. Handelsblatt: Rezzo Schlauch berät EnBW vom 15. März 2006 (via WayBack)
  11. Welt Online: Schlauch warnt vor Finanzdesaster durch Atomausstieg vom 31. März 2011
  12. 12,0 12,1 Stuttgarter Zeitung: EnBW prüft Korruptionsvorwurf vom 4. Mai 2012
  13. Süddeutsche.de: Deutsche Atomdeals mit Russland-Connection vom 26. Juni 2012
  14. Handelsblatt: Eon hatte Kontakt zu Kreml-Lobbyisten - Seit 20 Jahren für EnBW im Geschäft vom 27. Juni 2012 (via WayBack)
  15. Focus Online: Schmiergeld in Russland - EnBW gerät massiv unter Bestechungs-Verdacht vom 28. Oktober 2013 [Datum nachträglich von Focus geändert]
  16. Süddeutsche.de: Verdacht auf schwarze Kassen bei EnBW vom 28. Oktober 2013
  17. Handelsblatt: "EnBW wird sich bis auf die Knochen blamieren" vom 12. Juni 2012 (via WayBack)
  18. stern.de: Die Vollversorger vom 22. Dezember 2004
  19. Spiegel Online: CDU-Parteitag - Der tiefe Fall des Hermann-Josef Arentz vom 6. Dezember 2004
  20. Handelsblatt: Vattenfall-Lobbyist bringt SPD in Bredouille vom 10. Juli 2009
  21. Spiegel Online: Merkel trennt sich von Pierer vom 17. April 2008
  22. Sascha Adamek: Die Atomlüge. Heyne, München 2011, S. 137ff.
  23. DER SPIEGEL 16/2008: Die Firma vom 14. April 2008 (via WayBack)
  24. IPPNW: Atomkonzern Siemens abgerufen am 1. Oktober 2014 (via WayBack)
  25. Sascha Adamek: Die Atomlüge. Heyne, München 2011, S. 140ff.
  26. Zeit Online: Abwarten und mit den Ohren schlackern vom 8. Januar 1988
  27. DER SPIEGEL 3/1988: Selbstmord des Atoms vom 17. Januar 1988
  28. DER SPIEGEL 1/1988: Lustgewinn wie auf einem Nagelbrett vom 3. Januar 1988
  29. asienhaus.de: Erschütternd - Das Atomkraftwerk von Bataan abgerufen am 18. Januar 2023
  30. Stuttgarter-Zeitung.de Prozess am Karlsruher Landgericht - Einstige Atommanager stehen jetzt vor Gericht vom 6. November 2013
  31. Badische Zeitung Einstige Atommanager wegen Bestechung angeklagt vom 7. November 2013
  32. Stuttgarter-Zeitung.de Korruptionsprozess - Glatter Freispruch für Karlsruher Atommanager vom 13. Dezember 2013
  33. 33,0 33,1 SRF: Vor 30 Jahren: Solothurner Regierung unter Korruptionsverdacht vom 5. Januar 2014
  34. DER SPIEGEL 25/1983: Das Gratis-Reisli vom 19. Juni 1983
  35. IWR: Japanische Atomlobby zahlte über Jahre an Premierminister vom 31. Juli 2014
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