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Die Lobbyisten > Dohnanyi, Klaus von

Atomanhänger in den 1970er Jahren

Bundesarchiv B 145 Bild-F055059-0017, Köln, SPD-Parteitag, Dohnanyi

Klaus von Dohnanyi (1978)

Klaus von Dohnanyi war 1972 bis 1974 Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, 1976 bis 1981 Staatsminister und parlamentarischer Staatssekretär im Auswärtigen Amt und 1981 bis 1988 Erster Bürgermeister von Hamburg.[1] Er zählte zu den SPD-Politikern, die lange Zeit die friedliche Nutzung der Atomkraft befürworteten und förderten. Erst nach dem GAU von Tschernobyl wuchs seine Skepsis gegenüber dieser Technologie.

In den frühen 1970er Jahren unterlief Dohnanyi eine fatale Fehleinschätzung zur Sicherheit der Grube Asse II. Er erklärte: "Das Eindringen von Wasser kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden." Dies, obwohl vorher bereits Asse I und III abgesoffen waren.[2] Siehe dazu → Asse

1972 erklärte Dohnanyi in einer Podiumsdiskussion zum Bau des AKW Grafenrheinfeld (Bayern), es gebe "angesichts des ständig steigenden Energiebedarfs keine Alternative zur Kernenergie".[3]

Allmähliche Kehrtwende

Im Mai 1986, nach Tschernobyl, erklärte Dohnanyi als Erster Bürgermeister von Hamburg, dass der Hamburger Senat einen langfristigen Ausstieg aus der Atomkraft unterstütze.[4]

Im Juni 1986 wurden jedoch im Zusammenhang mit dem Bau des AKW Brokdorf (Schleswig-Holstein) Anti-AKW-Demonstranten rechtswidrig eingekesselt (sogenannter "Hamburger Kessel"). Dabei wurden Hunderte von Demonstranten von der Polizei bedrängt, beschimpft, ihrer Freiheit beraubt, und es wurden ihnen Nahrung und wärmende Kleidung verweigert. Der Hamburger Innensenator Lange, der diesen Einsatz zu verantworten hatte, erhielt jedoch volle Rückendeckung von Dohnanyi. Dohnanyi und sein Senat dankten der Polizei für ihren Einsatz.[5] In einem Interview von 2008 bedauerte Dohnanyi die Geschehnisse zwar, erklärte aber, er sei an diesem Tag nicht in Hamburg gewesen, und schob die Verantwortung dafür auf die Polizei.[6]

Im September 1986 legte der Hamburger Senat Pläne zu einem Atomausstieg der Stadt vor, denen auch Dohnanyi zugestimmt hatte – wegen der im November 1986 anstehenden Wahlen des Hamburger Parlaments im Schatten der Tschernobyl-Katastrophe. Der "Spiegel" interpretierte: "Dohnanyi und seine Parteifreunde spekulieren darauf, mit ihrem Ausstiegsszenarium Mitte-Wähler, die Tschernobyl noch nicht verdrängt haben, von der liberal-konservativen Atom-Fraktion abziehen zu können." Zu jener Zeit wurden 74 % der Hamburger Energie durch Atomkraftwerke gedeckt, und mit der zu erwartenden Inbetriebnahme von Brokdorf wurde mit einem Anstieg auf 82 bis 85 % gerechnet. Ein Atomausstieg Hamburgs war deshalb zwar leicht anzukündigen, aber schwer umzusetzen.[7]

Im März 2011, nach der Fukushima-Katastrophe, wurde Dohnanyi in Angela Merkels "Ethikkommission für sichere Energieversorgung" berufen. Er stellte sich der geplanten Energiewende zwar nicht direkt entgegen, warnte jedoch vor hohen Energiepreisen im Falle eines Atomausstiegs. Dohnanyi stellte in Frage, "ob man bei einem schnellen Atomausstieg in der vorgesehenen Zeit zu einer stabilen Energieversorgung für die deutsche Industrie kommen würde."[8]

Die Empfehlung der Ethikkommission, einen schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie durchzuführen, trug Dohnanyi aber mit.[9]


(Letzte Änderung: 03.11.2023)

Einzelnachweise

  1. Who´s who: Klaus von Dohnanyi abgerufen am 3. November 2023
  2. DER SPIEGEL 17/2007: GAU in der Grube vom 22. April 2007
  3. nucleopedia.de: Kernkraftwerk Grafenrheinfeld; zitiert nach: E.ON Kernkraft GmbH: 25 Jahre Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, 2007; abgerufen am 3. November 2023
  4. books.google.de: Trümmer - Träume - Tor zur Welt: Die Geschichte Hamburgs von 1945 bis heute von 2012
  5. DER SPIEGEL 25/1986: Lieber gleich durchs Minenfeld [jagen vom 15. Juni 1986
  6. Deutschlandfunk: SPD-Mann ohne Stallgeruch vom 24. April 2008
  7. DER SPIEGEL 39/1986: Gewicht stemmen vom 21. September 1986
  8. Phoenix: Ethikkommissions-Mitglied von Dohnanyi: "Wir brauchen stabile und sichere Energie für die Industrie" / Neue Medien werden die Politik öffnen vom 28. April 2011
  9. bmbf.de: Deutschlands Energiewende – Ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft vom 30. Mai 2011 (via WayBack)
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