AtomkraftwerkePlag Wiki
Registrieren
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Markierung: rte-wysiwyg
Zeile 25: Zeile 25:
   
 
1991 wurde das pathologische Material des Gesundheitswesens Wismut in Stollberg gesichert. Im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wurden die Daten von 120.000 Beschäftigten der Wismut gesichtet und als Grundlage für eine Kohortenstudie zur krebserzeugenden Wirkung von Radon verwendet.<ref>Umweltbundesamt: [http://web.archive.org/web/20050319012937/http://www.umweltbundesamt.de/umid/archiv/umid0100.pdf Die deutsche Uranbergarbeiter-Kohortenstudie] von 2000, S. 18 (via WayBack)</ref>
 
1991 wurde das pathologische Material des Gesundheitswesens Wismut in Stollberg gesichert. Im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wurden die Daten von 120.000 Beschäftigten der Wismut gesichtet und als Grundlage für eine Kohortenstudie zur krebserzeugenden Wirkung von Radon verwendet.<ref>Umweltbundesamt: [http://web.archive.org/web/20050319012937/http://www.umweltbundesamt.de/umid/archiv/umid0100.pdf Die deutsche Uranbergarbeiter-Kohortenstudie] von 2000, S. 18 (via WayBack)</ref>
  +
  +
Bis Ende 2013 wurden zwar bei 40.000 ehemaligen Beschäftigten Berufskrankheiten anerkannt, darunter 9.500 Fälle von Lungenkrebs. An Krebs erkrankte Anwohner jedoch haben bislang keinerlei Entschädigung erhalten, weil sich zum einem niemanden für diese Menschen zuständig fühlt, zum anderen die Erkrankungen nur schwer auf den Uranabbau zurückzuführen sind. In den 1990er Jahren wurden in benachbarten Häusern Radon-Konzentrationen festgestellt, die die Richtwerte um das 10- bis 20fache überstiegen. Neben dem "Teich 4", in dem giftige Stoffe aus der Uranerzaufbereitung abgelassen wurden, und einem Berg mit Atommüll befand sich zudem eine DDR-Erziehungsanstalt für über 100 unangepasste Jugendliche, von denen viele an durch Radioaktivität verursachte Erkrankungen leiden. "Noch vier Jahrzehnte später wurde 2013 am "Teich 4" eine Strahlendosis von bis zu 5200 Nanosievert pro Stunde gemessen, tolerierbar wären um die 300."<ref>DER SPIEGEL 52/2013: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-124097482.html Angeln im Atomteich] vom 21. Dezember 2013</ref>
   
 
Im November 2013 wurde in einem Artikel der "Märkischen Oderzeitung" auf eine Häufung von Krebsfällen bei Kindern hingewiesen, die in der Nähe von atomar verseuchten Halden Zwangsarbeit in Jugendwerkhöfen leisten mussten.<ref>MOZ: [http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1216041 Die Haldenkinder] vom 20. November 2013</ref>
 
Im November 2013 wurde in einem Artikel der "Märkischen Oderzeitung" auf eine Häufung von Krebsfällen bei Kindern hingewiesen, die in der Nähe von atomar verseuchten Halden Zwangsarbeit in Jugendwerkhöfen leisten mussten.<ref>MOZ: [http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1216041 Die Haldenkinder] vom 20. November 2013</ref>

Version vom 7. April 2015, 06:22 Uhr

Uranabbau in Deutschland > Gesundheit und Wismut

Lebens- und Arbeitsbedingungen, gesundheitliche Betreuung

Datei:Kumpeltod Wismut.jpg

Trinkbranntwein für Wismut-Bergarbeiter
("Kumpeltod")

Die Lebensbedingungen in den Bergbaugebieten waren anfangs mangelhaft. Es fehlte an Wohnraum, Essen, Toiletten und Waschmöglichkeiten. Glücksspiel, Schwarzhandel und Prügeleien waren an der Tagesordnung. Die sowjetischen Arbeiter wurden besser als die deutschen bezahlt. Nachdem es 1951 zu einer Revolte gekommen war, wurden die Bedingungen durch materielle Privilegien verbessert. Es wurden Hotels an der Ostsee für die Arbeiter zur Erholung bereitgestellt, und es gab eigene Krankenhäuser, Bibliotheken und Kulturhäuser.[1]

Die Bereitstellung von Ferienunterkünften an der Ostsee lief wie folgt ab: 1953 untersuchte die Polizei unter dem Decknamen "Aktion Rose" am Ostseebad Zinnowitz Hunderte von Hotels, Pensionen und weiteren Übernachtungsstätten und verhaftete 447 Personen wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen. Anschließend wurden die Unterkünfte von der DDR enteignet und vom Feriendienst der SDAG Wismut übernommen.[2]

Im Archiv des MDR finden sich einige Artikel zum → Alltag der Bergmänner.

In einem Artikel des umweltmedizinischen Informationsdienstes des Bundesumweltamts aus dem Jahre 2000 wurden bei den Arbeitsbedingungen im Bergbau der Wismut drei Phasen unterschieden: 1946 bis 1954 ("Wilde Jahre") gab es keinen Strahlen- und Arbeitsschutz, es wurde mit Trockenbohrung und ohne Ventilation gearbeitet, und die Arbeiter waren einer hohen Radonbelastung ausgesetzt. In der "Übergangszeit" von 1955 bis 1970 wurde auf Nassbohren umgestellt, es wurden zunehmend Ventilatoren eingesetzt und Radonmessungen durchgeführt. Die Radonbelastung ging zurück. 1971 bis 1989 in der "Zeit der Konsolidierung" wurden die Arbeitsbedingungen "den international üblichen Arbeits- und Strahlenschutzstandards angepasst". Die Strahlenbelastung sei nur noch niedrig gewesen.[3]

In einem Beitrag der Bundeszentrale für politische Bildung mit dem Titel "Gesundheit im Dienste der Produktion?" ist zu lesen, dass in der Wismut AG schon früh, ab 1947, ein Gesundheitswesen mit Sanatorien, Kliniken und Kurheimen eingerichtet worden war. Unfälle und Krankheiten sollten auf diese Weise reduziert werden, nicht nur zum Wohl der Beschäftigten, sondern auch um die Produktivität hoch zu halten. Nach dem ersten Bergarbeiterkrankenhaus (BAK) in Schneeberg entstanden bis 1949 fünf weitere Krankenhäuser und sechs Sanatorien, darunter auch das BAK Erlabrunn.

Der Arbeits- und Gesundheitsschutz war zunächst kaum entwickelt, und Schutzbestimmungen wurden oft nicht beachtet. Erst ab 1951 wurden Arbeitskleidung und Schutzmittel wie Staubschutzmasken zur Verfügung gestellt, die aber wegen der Einschränkung der Bewegungsfreiheit oft nicht benutzt wurden. Deswegen war die Staubbelastung hoch. Ab 1952 gab es einen Mobilen Röntgenzug und eine Silikosezentralstelle. Bis zur Auflösung der Wismut 1990 wurden weitere Gesundheitseinrichtungen gebaut. Die Arbeitsbedingungen der Arbeiter seien aber bis zum Ende mangelhaft gewesen.[4]

Gesundheitliche Folgen

Die Arbeiter in der Wismut mussten für ihre erzwungene oder freiwillige Tätigkeit schwer bezahlen: Sie waren vor allem in den 1950er Jahren ungeschützt der radioaktiven Strahlung ausgesetzt und erkrankten an Krebs und anderen Krankheiten.

Die sowjetische Direktion der "Wismut" war sich der Strahlenrisiken bewusst: "Von Beginn an waren diese bekannt, wovon mehrere Geheimbefehle von Generalmajor Michail Malzew, des ersten Generaldirektors der Wismut AG, ebenso zeugen, wie des Obersten Chefs der SMAD, Marschall Wassili Sokolowski".[5]

Die sogenannte "Schneeberger Bergkrankheit", ein Bronchial- und Lungenkrebs, der aufgrund des Einatmens von Radon und radioaktiven Zerfallsprodukten entsteht, war zwar seit Jahrhunderten bekannt, konnte aber auch in der Wismut nicht verhindert werden.[6] "Zwischen 1952 und 1990 wurde bei 14.600 Wismut-Mitarbeitern eine Staublunge (Silikose) diagnostiziert, bei mehr als 5.200 Bronchialkrebs." Erst im April 2012 wurden die Krebserkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt: "Nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung wurden seit 1991 insgesamt 3.700 Lungenkrebs-Fälle als Berufskrankheit bestätigt. Hinzu kämen über 100 Menschen mit Kehlkopfkrebs sowie rund 2.800 Menschen mit einer Quarzstaublungenerkrankung."[7]

1991 wurde das pathologische Material des Gesundheitswesens Wismut in Stollberg gesichert. Im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wurden die Daten von 120.000 Beschäftigten der Wismut gesichtet und als Grundlage für eine Kohortenstudie zur krebserzeugenden Wirkung von Radon verwendet.[8]

Bis Ende 2013 wurden zwar bei 40.000 ehemaligen Beschäftigten Berufskrankheiten anerkannt, darunter 9.500 Fälle von Lungenkrebs. An Krebs erkrankte Anwohner jedoch haben bislang keinerlei Entschädigung erhalten, weil sich zum einem niemanden für diese Menschen zuständig fühlt, zum anderen die Erkrankungen nur schwer auf den Uranabbau zurückzuführen sind. In den 1990er Jahren wurden in benachbarten Häusern Radon-Konzentrationen festgestellt, die die Richtwerte um das 10- bis 20fache überstiegen. Neben dem "Teich 4", in dem giftige Stoffe aus der Uranerzaufbereitung abgelassen wurden, und einem Berg mit Atommüll befand sich zudem eine DDR-Erziehungsanstalt für über 100 unangepasste Jugendliche, von denen viele an durch Radioaktivität verursachte Erkrankungen leiden. "Noch vier Jahrzehnte später wurde 2013 am "Teich 4" eine Strahlendosis von bis zu 5200 Nanosievert pro Stunde gemessen, tolerierbar wären um die 300."[9]

Im November 2013 wurde in einem Artikel der "Märkischen Oderzeitung" auf eine Häufung von Krebsfällen bei Kindern hingewiesen, die in der Nähe von atomar verseuchten Halden Zwangsarbeit in Jugendwerkhöfen leisten mussten.[10]

Weitere Quellen

→ books.google.de: Der Ferienkomplex "Roter Oktober" in Zinnowitz abgerufen am 21. Juli 2013
Bergarbeiter-Krankenhaus Schneeberg
Kliniken Erlabrunn
→ Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Nutzungsmöglichkeiten des Gesundheitsdatenarchives Wismut (GDAW) für die Präventionsforschung von 2005
→ BfS: Ionisierende Strahlung > Strahlenwirkungen
→ BfS: Kohortenstudie: Beschreibung und Ergebnisse
→ BfS: Strahlenschutzforschung - Programmreport 2009
→ BMU: Organbezogene schadstoffanalytische Untersuchungen an Gewebeproben ehemaliger Beschäftigter im Uranbergbau der SAG/SDAG WISMUT von 2005

(Letzte Änderung: 07.04.2015)

Einzelnachweise

  1. Zeit Online: Bergbau-Konzern Wismut: Schacht-Weltmeister vom 3. Juli 2011
  2. Historische Gesellschaft Zinnowitz: Historische Zeittafel für das Ostseebad Zinnowitz abgerufen am 21. Juli 2013
  3. Umweltbundesamt: UMWELTMEDIZINISCHERINFORMATIONSDIENST 1/2000, S. 19f via WayBack
  4. Bundeszentrale für politische Bildung: Gesundheit im Dienste der Produktion? Das betriebliche Gesundheitswesen und der Arbeitsschutz im Uranbergbau der DDR vom 15. August 2011
  5. GeschichtsPuls: Wismut AG: Forschungsprojekt zum ostdeutschen Uranerzbergbau vom 18. November 2009
  6. radon-info.de: Die "Schneeberger Bergkrankheit" abgerufen am 8. Dezember 2012
  7. mdr.de: 3.700 Wismut-Kumpel an Lungenkrebs erkrankt vom 29. April 2012 (via Wayback)
  8. Umweltbundesamt: Die deutsche Uranbergarbeiter-Kohortenstudie von 2000, S. 18 (via WayBack)
  9. DER SPIEGEL 52/2013: Angeln im Atomteich vom 21. Dezember 2013
  10. MOZ: Die Haldenkinder vom 20. November 2013