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Die Lobbyisten > Hennenhöfer, Gerald

Sicherheit von Atomkraftwerken nebensächlich

Gerald Hennenhöfer äußerte sich 2010 im Zusammenhang mit der Übertragung von Strommengen von neueren auf ältere Atomkraftwerke wie folgt: "Maßgeblich sind vom Betreiber darzulegende betriebswirtschaftliche Gründe. Sicherheitsfragen sind hingegen nicht maßgeblich."[1]

Dieser Satz zieht sich wie ein Motto durch Hennenhöfers politisches und wirtschaftliches Denken und Handeln.

Nachdem Hennenhöfer im Juli 1987 Walter Hohlefelder als Chef der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) abgelöst hatte und dieses Amt bis September 1994 ausübte,[2] war er 1994 bis 1998 unter Umweltministerin Merkel Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit.[3] Gegen den Protest des Umweltministeriums von Sachsen-Anhalt setzte er 1997 auf Geheiß Merkels die Lagerung radioaktiven Mülls in Morsleben durch.[4]

Auf eine Kleine Anfrage aus dem Bundestag, ob Gerald Hennenhöfer und Walter Hohlefelder als Abteilungsleiter des Bundesumweltministeriums in die Entscheidung für Morsleben und die Bewertung der Sicherheit eingebunden waren, antwortete die Bundesregierung 2009 ausweichend, es sei das BMU eingebunden worden. Sie sah keine Interessenskonflikte darin, dass beide später für die Atomindustrie arbeiteten.[5]

Zusammen mit Angela Merkel widerrief Hennenhöfer auch die Stilllegungsverfügung der rot-grünen hessischen Landesregierung für das Atomkraftwerk → Biblis.

Intermezzo bei VIAG und Redeker

Als Generalbevollmächtigter für Wirtschaftspolitik ab 1998 beim Energiekonzern VIAG, der später mit der VEBA zu E.ON verschmolzen wurde, verhandelte Hennenhöfer mit der rot-grünen Bundesregierung über den Atomausstieg und unterzeichnete die Verträge dazu. "2004 wechselte der Experte zur Anwaltssozietät Redeker. Zu seinen Mandanten zählte unter anderem die einstige Betreiberin des umstrittenen Versuchsendlagers Asse II, das Helmholtz-Zentrum München."[6]

Von Röttgen zurückgeholt

2009 wurde Hennenhöfer vom ehemaligen Bundesumweltminister Norbert Röttgen zum zweiten Mal als Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit angestellt.[6]

Die Sicherheit von Kernkraftwerken war Hennenhöfer weiterhin gleichgültig, wie aus einem Aufsatz von ihm aus dem Jahre 2010 hervorgeht. Darin sah Hennenhöfer keinen sicherheitstechnischen Unterschied zwischen alten und neuen Reaktoren und hielt auch eine Pflicht der Betreiber, die Sicherheit an den neuesten Stand anzupassen, für unnötig. Hennenhöfer kritisierte darüber hinaus ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2008. "Die Richter hatten gezielt herbeigeführte Flugzeugabstürze als Gefahren definiert, die nicht mehr dem Restrisiko, das alle zu tragen haben, zuzurechnen seien. Damit wäre die Gefahrenabwehr gegen Terroranschläge ein einklagbares Recht für Anwohner."[7] Nachdem im Juli 2010 eine Anomalie am AKW Grafenrheinfeld entdeckt worden war, ließen Röttgen und Hennenhöfer das AKW bis zur nächsten Revision weiterlaufen.[8]

Vertragsverlängerung unter Altmaier/Atomaufseher in Europa

Unglaublich, dass gerade Hennenhöfer den Sicherheitscheck der Atomkraftwerke nach dem Fukushima-GAU organisieren durfte.[9] Und dass er auch unter dem neuen Bundesumweltminister Altmaier immer noch Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit war.[10] Im Dezember 2012 wurde bekannt, dass Altmaier den Atomlobbyisten weitere zwei Jahre beschäftigen wollte, obwohl dieser eigentlich Ende 2012 pensioniert werden sollte. "(...) Hennenhöfer favorisiere, den Atommüll in der Asse zu lassen, sogenannte Strömungsbarrieren zu bauen und dann den Berg zu fluten. (...) Auf Fragen zur Vertragsverlängerung von Hennenhöfer reagierte Altmaier gegenüber dem NDR gereizt und brach ein Interview ab."[11] Die Bundesregierung gab keinerlei Informationen über die Tätigkeit des Atomlobbyisten preis und verweigerte auch dem Bundestag Auskunft oder Einflussnahme.[3]

Eine schlechte Nachricht für den Atomausstieg auf europäischer Ebene gab das Bundesumweltministerium Ende Mai 2013 bekannt: Gerade der Atomlobbyist Hennenhöfer wurde zum neuen Vorsitzenden der Atomaufseher in Europa gewählt.[12] Es war zu vermuten, dass er sich zusammen mit Günther Oettinger tatkräftig für Laufzeitverlängerungen europäischer Atomkraftwerke und einen Ausbau der Atomkraft einsetzte.

Am 16. Januar 2014 entließ die neue Umweltministerin Barbara Hendricks Gerald Hennenhöfer aus ihrem Ministerium.[13]

Am 14. Oktober 2015 wurde Hennenhöfer zu einem Mitglied der von der Bundesregierung eingesetzten "Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs" berufen.[14]

Am 15. Januar 2016 wurde Hennenhöfer Mitglied des Aufsichtsrats der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN), eines Unternehmens der EWN-Gruppe.[15] Dem Gremium gehört er noch 2021 an.[16]

Fernsehbeiträge

  • Atomskandal: Wie die Politik den Atomkonzernen den Weg zu Millionenklagen geebnet hat
    "In seiner letzten Ausgabe hatte MONITOR aufgedeckt, wie ein von RWE bestellter Brief des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier dazu beigetragen hat, dass die Atomkonzerne heute rund 900 Millionen Euro Schadenersatz von Bund und Ländern fordern - wegen der vorübergehenden Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke nach der Atomkatastrophe in Fukushima. (...) Kritische Stimmen aus den eigenen Fachabteilungen wurden kaltgestellt; Warnungen vor den finanziellen Risiken ignoriert."[17]

    Bouffier, Volker
880_Mio._legal_gestohlen_-_Politiker_und_Atomkonzerne_erleichtern_Steuerzahler

880 Mio. legal gestohlen - Politiker und Atomkonzerne erleichtern Steuerzahler

ARD, Monitor vom 5. Februar 2015 (Video nicht mehr verfügbar

Weitere Quellen

→ Lobbypedia: Gerald Hennenhöfer

(Letzte Änderung: 16.11.2023)

Einzelnachweise

  1. WDR: Monitor: Freifahrtschein auch für Uralt-Reaktoren vom 28. Januar 2010 (via WayBack)
  2. GRS: 30 JAHRE FORSCHUNGS- UND SACHVERSTÄNDIGENTÄTIGKEIT vom Juni 2007 (via WayBack)
  3. 3,0 3,1 heise online: Atomlobbyist im Bundesumweltministerium: Nachfragen unerwünscht vom 10. Januar 2013
  4. DER SPIEGEL 43/2008: Merkels Altlast vom 19. Oktober 2008
  5. Deutscher Bundestag: Entscheidungshistorie der Atommüll-Einlagerung ins Endlager Morsleben in den 1990er Jahren (Drucksache 16/14070] vom 21. September 2009
  6. 6,0 6,1 Süddeutsche.de: Kabinett - Umweltminister Röttgen holt Atomlobbyisten vom 1. Dezember 2009 [Datum durch Süddeutsche.de nachträglich auf 17. Mai 2010 geändert]
  7. Der Tagesspiegel: Unter Einfluss : Atomlobbyist als Kernkraft-Aufseher vom 9. Februar 2011
  8. FR-Online: Unregelmäßigkeit im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld - Berlin setzt auf Risiko vom 20. Januar 2011 [Datum nachträglich von FR geändert]
  9. NWZ Online: Gerald Hennenhöfer vom 18. März 2011
  10. Der Tagesspiegel: Energiewende in Deutschland - Altmaiers erste Bewährungsprobe vom 23. Mai 2012
  11. NDR.de: Altmaiers "Ohrfeige" für Asse-Gegner vom 3. Dezember 2012 (via Wayback)
  12. BMU: BMU-Abteilungsleiter Hennenhöfer neuer Vorsitzender der europäischen Atomaufseher vom 29. Mai 2013 (via WayBack)
  13. Spiegel Online: Umstrittener Fachmann: Umweltministerin Hendricks entlässt Chef-Atomaufseher vom 16. Januar 2014
  14. BMWI: Kommission: Finanzierung des Kernenergieausstiegs abgerufen am 22. April 2018 (via WayBack)
  15. Deutscher Bundestag: Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 27. März 2017 eingegangenen Antworten der Bundesregierung (Drucksache 18/11814) vom 31. März 2017
  16. JEN: Der Aufsichtsrat abgerufen am 26. Oktober 2021 (via WayBack)
  17. wdr.de Atomskandal: Wie die Politik den Atomkonzernen den Weg zu Millionenklagen geebnet hat vom 5. Februar 2015 (via WayBack)
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