Atomenergie in außereuropäischen Ländern > USA > Indian Point (USA)
3 Druckwasserreaktoren • Leistung: 277 MW/1.067 MW/1.085 MW •
Hersteller: Consolidated Edison Company (Indian-Point-1); Westinghouse (Indian-Point-2 und -3) •
Typ: PWR/WH 4LP (DRYAMB)/WH 4LP (DRYAMB) • Baubeginn: 1956/1966/1968 •
Inbetriebnahme: 1962/1973/1976 • Abschaltung: 1974/2020/2021[1][2]
Atomkraftwerk bei New York
AKW Indian Point (New York/USA)
Der stillgelegte Standort Indian Point befindet sich bei Buchanan am Hudson River im Bundesstaat New York.[3]
Die Gesellschaft Entergy Nuclear Operations, Eigentümer der Anlage, betrieb dort drei Druckwasserreaktoren mit 277 MW/1.067 MW/1.085 MW Leistung. Die drei Reaktoren wurden 1974/2020/2021 endgültig abgeschaltet.[1] Hersteller waren die Consolidated Edison Company (Indian-Point-1) und Westinghouse (Indian-Point-2 und -3).[2]
Das Atomkraftwerk Indian Point gilt als besonders gefährlich, da es nur 56 Kilometer nördlich vom Zentrum der Millionenstadt New York direkt auf einem Gebiet liegt, unter dem sich Bruchlinien kreuzen. Bei einem Zusammenspiel verschiedener Bruchlinien könnte es zu einem Erdbeben mit der Stärke 7,0 kommen. Das AKW ist nach Ansicht des Verbandes kritischer Wissenschaftler nicht erdbebensicher. Es gibt nur Evakuierungszonen von 10 Meilen; würde man 50 Meilen festlegen, müssten im Katastrophenfall ca. 18 Millionen Menschen evakuiert werden.[4]
2001 gab es offenbar Planungen der Terrororganisation al-Qaida für einen Anschlag am 11. September 2001 auf Indian Point. Wäre dieser durchgeführt worden, wären Schätzungen zufolge 43.700 Menschen sofort gestorben und 518.000 an Krebs erkrankt. Die Aufräum- und Sanierungsarbeiten hätten zwei Billionen US-Dollar gekostet.[5]
Stilllegung 2020/2021
2006 kam eine Arbeitsgruppe des National Research Council zum Ergebnis, dass Indian Point nach Auslaufen der Lizenzen durch andere Energiequellen ersetzt werden könnte.[6]
Im Januar 2008 belegte die Nuclear Regulatory Commission (NRC) den Betreiber mit einem Bußgeld in Höhe von 650.000 US-Dollar, da er die Durchführung von Upgrades bei Notfallsirenen und beim Notfallbenachrichtigungssystem versäumt hatte.[7]
2011 forderte der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo die Abschaltung des AKW Indian Point, wogegen es jedoch Widerstände von Seiten der Bundesregierung gab.[8]
2013 wurde Indian Point als eines von sechs AKW in den USA genannt, deren Schließung möglich ist. Eigentlich war eine Lizenz schon abgelaufen, der Betrieb lief aber weiter, weil die NRC nicht gegenteilig entschied.[9]
Eine vorzeitige Schließung von Indian Point war laut einer Äußerung von Entergy im November 2015 noch nicht geplant; wegen der höheren Strompreise im Lower Hudson Valley und in New York City könne das AKW rentabel betrieben werden.[10]
Im Januar 2017 einigten sich jedoch Entergy und der Staat New York darauf, Indian-Point-2 und -3 im April 2020 bzw. April 2021 zu schließen. Als Grund nannte Energy wirtschaftliche Erwägungen: Die niedrigen Gaspreise ließen keinen rentablen Betrieb des AKW mehr zu. Entergy wollte aus dem Geschäft mit dem Stromhandel aussteigen.[11]
Dennoch verlängerte am 17. September 2018 die Nuclear Regulatory Commission die Betriebsbewilligung für Indian-Point-2 und -3 bis 30. April 2024 und 30. April 2025.[12]
Am 30. April 2020 wurde Indian-Point-2 endgültig abgeschaltet.[13]
Am 30. April 2021 folgte Indian-Point-3. Der Standort Indian Point sollte an die Holtec International verkauft werden, die sofort nach Erhalt der behördlichen Genehmigungen und dem Verkauf mit der Stilllegung und Demontage beginnen wollte.[14]
Störfälle
Es gibt nur wenige Atomkraftwerke, die ein so ausführliches Pannenregister wie Indian Point besitzen.
In zwei Berichten der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) wurden Ereignisse aus den Jahren 1966 und 1969 dokumentiert, vor allem Dampferzeugerschäden. 1966 wurden zwei Arbeiter bei einer Inspektion des Reaktordruckbehälters leicht mit Kobalt-60 und wahrscheinlich Mangan-54 kontaminiert.[15][16]
1975 berichtete der "Spiegel", dass 700 Arbeiter sieben Monate an der Reparatur einer defekten Dampfrohrleitung arbeiteten. Die Arbeiter mussten wegen der hohen Radioaktivität immer wieder ausgewechselt werden.[17]
Anfang Oktober 1980 kam es zu einem Defekt in der Pumpanlage von Indian-Point-2. Da die Techniker zwei Wochen lang Warnlichter ignorierten, flossen 380.000 Liter Wasser aus dem Hudson River in das Reaktorgebäude. Der Reaktor wurde erst abgeschaltet, nachdem am 17. Oktober auch noch eine Störung bei der Kettenreaktion aufgetreten war.[18]
Am 25. März 1982 entstanden am Reaktor Indian Point-1 Schäden an Generatoren. Die Ursache: verschiedene Lecks.[19]
Am 16. Februar 2000 wurde an einem Dampferzeuger von Indian-Point-2 ein Leck entdeckt, aus dem kurzzeitig Radioaktivität austrat. Ursache war ein Korrosionsriss an einem Rohrstück. Es dauerte 24 Stunden, bis der Alarm aufgehoben werden konnte.[20]
Am 1. September 2005 gab der Betreiber bekannt, dass radioaktive Flüssigkeit aus einem Leck im Abklingbecken für gebrauchte Brennelemente von Indian-Point-2 ausgetreten war. Die Flüssigkeit enthielt laut NRC-Untersuchung Tritium, Strontium-90, Kobalt-60, Cäsium-137 und Nickel-63. Das Leck konnte erst im November 2008 endgültig beseitigt werden.[21]
Am 4. Mai 2009 traten aus einer durchgerosteten Leitung von Block 2 100.000 Gallonen Wasser aus dem Notkühlsystem aus. Das Rohr war seit 1973, also der Inbetriebnahme, nicht mehr geprüft worden.[22]
In der Nacht vom 7. auf den 8. November 2010 musste Indian Point-2 wegen einer Explosion in einem Transformator per Notabschaltung heruntergefahren werden.[23]
Im Juni 2011 wurde in den US-amerikanischen Medien berichtet, dass an 48 von 65 AKW-Standorten in den USA Tritiumlecks entdeckt wurden.[24] Nach einer Liste vom Juli 2014 war auch Indian Point betroffen.[25]
Wegen des Wirbelsturms "Sandy" im Oktober 2012 musste "wegen externer Probleme des Stromnetzes" ein Reaktor vorübergehend abgeschaltet werden.[26]
Am 7. Januar 2014 wurde das AKW wegen gesunkenen Wasserstandes in einem Dampfgenerator heruntergefahren.[27]
Am 9. Mai 2015 brannte ein Transformator. Reaktor 3, über dem Rauch aufstieg, wurde abgeschaltet. Das Feuer konnte mit der Sprinkleranlage gelöscht werden.[28]
Am 7. Februar 2016 trat radioaktives Tritium aus dem AKW aus und gelangte ins Grundwasser. Im Einklang mit dem Betreiber Entergy ließ der Gouverneur von New York, Cuomo, verlauten, dass dies alles völlig gefahrlos sei.[29]
Weitere Links
→ Entergy: Indian Point Energy Center (Informationen des Betreibers, via WayBack)
→ Facebook: Shut Down Indian Point Now (Homepage)
(Letzte Änderung: 01.02.2023)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 IAEO: PRIS - Country Statistics/United States of America abgerufen am 1. Februar 2023
- ↑ 2,0 2,1 IAEO: LES CENTRALES NUCLEAIRES DANS LE MONDE von 1997
- ↑ WNA Reactor Database: Indian Point 2, United States Of America abgerufen am 1. Februar 2023
- ↑ tagesanzeiger.ch: Ein altes AKW ist ein Risiko für New York vom 12. Januar 2012
- ↑ Welt Online: Fukushima ist ein Albtraum, aber kein Einzelfall vom 18. März 2011
- ↑ nuklearforum.ch: USA: schwieriger Indian-Point-Ersatz vom 5. Juni 2006
- ↑ All Things Nuclear: Top NRC Sanctions vom 22. April 2014 (via WayBack)
- ↑ vdi Nachrichten: Streit um Alt-AKW vor den Toren New Yorks vom 29. Juli 2011 (via WayBack)
- ↑ Forbes: 6 Nuclear Plants That Could Be Next To Shut Down vom 7. November 2013
- ↑ lohud: Entergy to close upstate nuclear plant, keep Indian Point open vom 2. November 2015
- ↑ world nuclear news: Entergy agrees to Indian Point closure vom 9. Januar 2017
- ↑ nuklearforum.ch: USA: weitere Betriebsjahre für Indian Point vom 20. September 2018
- ↑ Entergy: Entergy’s Indian Point Unit 2 to Shut Down Permanently vom 29. April 2020
- ↑ nuklearforum.ch: USA: Indian-Point-3 endgültig abgeschaltet vom 6. Mai 2021
- ↑ GRS: Weltweite Erfassung besonderer Vorkommnisse in Kernkraftwerken, Versuchs- und Forschungsreaktoren 1966 vom April 1978 (S.50f., via WayBack)
- ↑ GRS: Weltweite Erfassung besonderer Vorkommnisse in Kernkraftwerken, Versuchs- und Forschungsreaktoren 1969 vom Dezember 1977 (S.55, via WayBack)
- ↑ DER SPIEGEL 30/1975: Ein furchterregendes Unterfangen vom 20. Juli 1975
- ↑ DER SPIEGEL 47/1980: Aus dem Bierhahn vom 16. November 1980
- ↑ tagesschau.de: Kosten von Atomunfällen - Fukushima, Tschernobyl und viele andere vom 11. März 2014
- ↑ nuklearforum.ch: USA: Dampfleckalarm bei Indian-Point-2 vom 16. Februar 2000
- ↑ NRC: Frequently Asked Questions About Indian Point Groundwater Leakage vom 3. April 2015 (via WayBack)
- ↑ heise.de: Verrostetes AKW vom 4. Mai 2009
- ↑ Spiegel Online: Kernkraft: Zwei US-Atomkraftwerke nach Pannen abgeschaltet vom 8. November 2010
- ↑ NBC News: Radioactive tritium leaks found at 48 US nuke sites vom 21. Juni 2011
- ↑ pbadupws.nrc.gov: List of Historical Leaks and Spills At U.S. Commercial Nuclear Power Plants vom 14. Juli 2014
- ↑ Spiegel Online: Wirbelsturm "Sandy" - Hochwasseralarm im ältesten US-Atomkraftwerk vom 30. Oktober 2012
- ↑ CBS New York: Indian Point Nuclear Reactor Shut Down Due To Generator Problem vom 7. Januar 2014
- ↑ Spiegel Online: US-Bundesstaat New York: Transformator brannte in Atomkraftwerk vom 10. Mai 2015
- ↑ FAZ.net: Vereinigte Staaten - Leck am Atomkraftwerk vom 7. Februar 2016