Atomenergie in Europa > Russland > Kola (Russland)
4 Druckwasserreaktoren • Leistung: 4 x 440 MW •
Typ: 2 x WWER V-230; 2 x WWER V-213 • Hersteller: Minatomenergo •
Baubeginn: 1970/1970/1977/1976 • Inbetriebnahme: 1973/1974/1981/1984 •[1][2] Abschaltung: offen
Reaktoren der ersten Generation
Der Standort Kola liegt auf der gleichnamigen Halbinsel im Norden des europäischen Teils Russlands, 11 km von der Satellitenstadt Poliarniye Zori und 170 km von Murmansk entfernt.[3]
Das AKW besteht aus vier Druckwasserreaktoren mit einer Leistung von je 440 MW Strom, die 1973/1974/1981/1984 in Betrieb gegangen sind. Eigentümer und Betreiber der Anlage ist die russische Gesellschaft Rosenergoatom,[1] Hersteller war Minatomenergo. Drei weitere geplante Einheiten wurden nicht realisiert.[2] Nach einer Meldung von 2008 liefert das AKW Kola auch nach Finnland und Norwegen Strom.[4]
Kola-1 und -2 gehören zur ersten, veralteten Reaktoren-Generation, weshalb Umweltschützer in Russland immer wieder für eine Abschaltung plädierten, bisher ohne Erfolg.[5]
Der "Spiegel" berichtete in einem Artikel aus dem Jahre 1992, dass es ein sowjetisches Gutachten zu Kola-1 gegeben habe, in dem die Gefahr eines GAU 55 mal höher angegeben wurde als bei westlichen Reaktoren.[6] Wladimir Kusnezow von der Akademie der Wissenschaften sagte im März 2011, die "Atomanlagen Kola und Nowoworonesch entsprächen nicht den internationalen Sicherheitsnormen."[7]
Alle vier Einheiten haben Laufzeitverlängerungen erhalen: Kola-1 bis 2033, Kola-2 bis 2034, Kola-3 bis 2027, Kola-4 bis 2029.[8] Der Bau eines zweiten Atomkraftwerks mit mehreren Einheiten (Kola II) wurde 2015 als nicht notwendig erachtet.[9]
Rosatom plant am Standort die Errichtung eines Demonstrationsreaktors vom Typ WWER-600 mittlerer Leistungsklasse. Der neue Reaktortyp soll in Kola ab 2030 erprobt, in abgelegenen Gebieten eingesetzt und ins Ausland exportiert werden.[10][11]
Am 9. Juli 2018 wurde die Laufzeit von Kola-1 um 15 Jahre bis zum 6. Juli 2033 verlängert.[12]
Störfälle
Im November 1992 fiel in Kola-1 der Strom aus (INES-Stufe 2); die Notstrom-Dieselreaktoren sprangen nicht an, der Reaktor wurde abgeschaltet.[13][14]
Im Februar 1993 verursachte ein Wirbelsturm einen Stromausfall und die Abschaltung aller vier Reaktoren (INES-Stufe 3). Wladimir Sliwjak, Leiter der Umweltorganisation Ecodefense, erklärte, es sei einfach nur Glück gewesen, dass nichts Schlimmeres passiert sei.[13][15]
Im März 1994 wurden zwei Lecks in Kola-2 und -3 festgestellt, wobei bei Kola-2 Kühlwasser austrat (INES-Stufe 2). [13][16]
Im September 1995 schnitten die Betreiber von Kola die nukleare U-Boot-Basis der Nordmeerflotte von der Stromversorgung ab, da Rechnungen nicht bezahlt worden waren. Es kam zu Zwischenfällen, und mehrere U-Boote mussten stillgelegt werden. Ein neues Gesetz des Premiers Tschernomyrdin verbot künftig eine Kappung der Stromversorgung für militärische Anlagen.[13]
Am 15. Januar 2010 explodierte ein Transformator im AKW. "Transformatorteile flogen bis zu 80 Meter weit und zerstörten Teile des Umspannwerks, wodurch der Strom stundenlang ausfiel." Betreiber und Behörden vertuschten den Vorfall zwei Wochen lang, bis er Ende des Monats bekanntgegeben wurde. Über mögliche, die Sicherheit betreffende Folgen des Unfalls ist nichts bekannt. Die Vertuschungsversuche sorgten für Ärger und Beunruhigung im Nachbarland Norwegen.[17]
Weitere Links
→ Rosenergoatom: Kola NPP (Homepage des Betreibers, via WayBack)
(Letzte Änderung: 30.12.2020)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 IAEO: PRIS - Country Statistics/Russian Federation abgerufen am 30. Dezember 2020
- ↑ 2,0 2,1 IAEO: LES CENTRALES NUCLEAIRES DANS LE MONDE von 1997
- ↑ Rosenergoatom: Kola NPP abgerufen am 30. April 2017 (via WayBack)
- ↑ Rianovosti: AKW auf russischer Kola-Halbinsel steigert Stromerzeugung vom 9. Januar 2008 (via WayBack)
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Kommentar: Die russische Anti-Atomkraft-Bewegung vom 17. Juli 2011
- ↑ DER SPIEGEL: Nervöse Reaktoren vom 2. März 1992
- ↑ Kleine Zeitung: Experte hält vier russische AKWs für riskant vom 16. März 2011 (via WayBack)
- ↑ world nuclear news: Last of four Kola units gets extended operation licence vom 23. Dezember 2019
- ↑ thebarentsobserver.com: Rosatom says no urgent need for Kola NPP-2 vom 10. November 2015
- ↑ WNA: Nuclear Power in Russia abgerufen am 30. Dezember 2020
- ↑ nuklearforum.ch: Erster WWER-600 für Kola vorgesehen vom 21. Januar 2015
- ↑ nuklearforum.ch: Russland: weitere Laufzeitverlängerung für Kola-1 vom 11. Juli 2018
- ↑ 13,0 13,1 13,2 13,3 Nuclear Energy Institute: Soviet-Designed Nuclear Power Plants in Russia, Ukraine, Lithuania, Armenia, the Czech Republic, the Slovak Republic, Hungary and Bulgaria (Fifth Edition) von 1997 (via WayBack)
- ↑ Greenpeace: 365 Gründe gegen Atomkraft - Teil 2: 23. Oktober bis 25. April abgerufen am 30. Dezember 2020
- ↑ Russland-Aktuell: Kritik: "Russlands Atomkraftwerke sind nicht sicher" vom 15. März 2011
- ↑ DIW Berlin: Sicherheitsdefizite in den Kernkraftwerken von 1996 (via WayBack)
- ↑ taz.de: Reaktorunfall in Russland vertuscht vom 3. Februar 2010