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Atomforschung > München

"Garchinger Atom-Ei" und Heinz Maier-Leibnitz Zentrum

110910032-TUM

Forschungsgelände in Garching mit "Atomei"

Der "Garchinger Atom-Ei" genannte Forschungsreaktor München (FRM) mit einer Leistung von 4 MW war der erste bundesdeutsche Reaktor. Er wurde vom 31. Oktober 1957 bis 28. Juli 2000 durch die Technische Universität München betrieben.[1]

Geistiger Vater und Initiator des FRM war der Physiker Heinz Maier-Leibnitz, der die Anlage aus den USA importierte. Damit kam er der Gruppe um Werner Heisenberg zuvor, der die deutsche Eigenproduktion von Schwerwasserreaktoren präferierte.[2] Die Anlage kostete 6,4 Mio. Deutsche Mark und wurde durch Franz Josef Strauß maßgeblich gefördert.[3] Wie Maier-Leibnitz später einräumte, beschaffte er das Atom-Ei, "um nach einer "leichtsinnigen" personellen Expansion Planstellen bewilligt zu bekommen".[4]

→ Deutschlandfunk: Ein Pionier der Atomforschung vom 28. März 2011 (über Heinz Maier-Leibnitz)

Der Reaktor war mit 25 Brennelementen ausgerüstet und diente als Neutronenquelle für die Grundlagen- und Materialforschung. Die radioaktiven Abwässer wurden noch bis 1991 in die Isar geleitet. Der größte Störfall ereignete sich im April 1997 mit einem Leck im Primärkreislauf des Reaktorkühlsystems.[5] In die Zeit der Inbetriebnahme des FRM fallen auch die Ursprünge des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums in Garching.[6]

Im Mai 2014 erhielt die Technische Universität nach 16 Jahren die Genehmigung zum Rückbau des Forschungsreaktors, der 10 bis 15 Jahre dauern wird. Da die Kuppel seit 1997 unter Denkmalschutz steht, wird nur die Anlage im Inneren zurückgebaut.[7]

Seit 2004 wird in Garching der Forschungsreaktor FRM II betrieben.→ Atomkraftwerkeplag: FMR II

Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP)

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) betreibt Grundlagenforschung für ein Fusionskraftwerk, mit dem Ziel, durch die Verschmelzung von Atomkernen Energie zu gewinnen. Das IPP hat Standorte in Garching bei München und Greifswald und gehört zur Max-Planck-Gesellschaft.[8]

Gegründet wurde das IPP am 28. Juni 1960 durch das Max-Planck-Institut und Werner Heisenberg als Gesellschafter. Es folgten am 1. Januar 1961 die Einbindung in das Europäische Fusionsprogramm über EURATOM und 1971 die Umwandlung in das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik.[9] 1994 wurde das Teilinstitut in Greifswald eröffnet.[10] Das Institut hat ca. 1.100 Mitarbeiter, betreibt den Tokamak ASDEX Upgrade in Garching und und den Stellerator Wendelstein 7-X in Greifswald.[8]

→ Atomkraftwerkeplag: Kernfusion

Helmholtz Zentrum München

Die Geschichte des Helmholtz Zentrums München geht bis ins Jahr 1960 zurück, als in München die Versuchs- und Ausbildungsstätte für Strahlenschutz gegründet wurde, die 1964 in die eigenständige Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) umgewandelt wurde. Die GSF forschte u. a. auf dem Gebiet der Strahlen- und Nuklearbiologie und ab 1966 der Endlagerung radioaktiver Abfälle. 1971 wurde das GSF in Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung umbenannt und 1990 in GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit. 1995 wurde die Forschung im Bereich Endlager beendet. 2008 erfolgte schließlich die Umbenennung in Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt.[11] Das HZM ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft.

Radioaktive Lauge in die Asse gekippt

Was auf der Internetseite zur Historie des Helmholtz Zentrums München verschwiegen wurde, ist der sorglose und fahrlässige Umgang des Zentrums, das früher Betreiber der Asse war, mit radioaktiven Substanzen. Das Helmholtz Zentrum München ließ 1988, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mitteilte, ohne Genehmigung strahlende Lauge mit radioaktivem Cäsium, Kobalt 60, Strontium 90 und Tritium unbekannter Menge in die Asse kippen. 2005 wurde eine daraus entstandene, radioaktiv kontaminierte Salzlösung wieder aus dem "Laugensumpf" abgepumpt. Noch bis 2008 wurde verseuchte Lauge in 975 Meter Tiefe gebracht. Nach Bekanntwerden des Skandals wurde dem Helmholtz Zentrum München am 1. Januar 2009 die Verantwortung für die Asse entzogen und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) übertragen.[12][13]

Bis 1978 wurden in der Asse 126.000 Behälter mit schwach- und mittelradioaktivem Müll abgekippt, die nun geborgen werden müssten. Dabei war es zu schweren Versäumnissen des Zentrums gekommen.[14]

2010 erfasste eine Arbeitsgruppe des Helmholtz Zentrums Mengen und Inhalte des in der Asse verborgenen Atommülls, der TÜV SÜD führte Plausibilitätskontrollen durch.[15] 2011 beauftragte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) den TÜV SÜD mit der Überprüfung des Abfallinventars der Schachtanlage Asse II.[16]

→ Bundesministerium für Bildung und Forschung: AG Asse Inventar - Abschlussbericht vom 31. August 2010
→ AtomkraftwerkePlag: Asse

(Letzte Änderung: 13.04.2023)

Einzelnachweise

  1. bfs.de: Auflistung kerntechnischer Anlagen in der Bundesrepublik Deutschland: Forschungsreaktoren - endgültig abgeschaltet abgerufen am 10. Januar 2014 (via WayBack)
  2. Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013, S. 29
  3. Spiegel Online: Kernforschung: Aus für das Garchinger Atom-Ei vom 25. Juli 2000
  4. Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 39.
  5. heise.de: Der Tanz ums Atom-Ei Nummer Zwei vom 20. Januar 2003
  6. MLZ: Die Ursprünge des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums abgerufen am 13. April 2023
  7. merkur-online.de: Das Atom-Ei wird ausgeblasen vom 16. Mai 2014
  8. 8,0 8,1 IPP: Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik abgerufen am 13. April 2023
  9. IPP: Aufsatz "Energie für die Zukunft" (1960 - 2010) abgerufen am 3. Juni 2016 (via WayBack)
  10. IPP: Geschichte des IPP abgerufen am 13. April 2023
  11. Helmholtz Zentrum München: Geschichte abgerufen am 14. August 2013
  12. doris.bfs.de Endlager Asse II Ausgangsbedingungen und Weichenstellungen seit Übernahme durch das Bundesamt für Strahlenschutz am 01.01.2009 vom August 2009
  13. Der Tagesspiegel: Atommüll - Radioaktive Lauge wurde 1988 im Endlager Asse ausgekippt vom 11. Februar 2009
  14. Spiegel Online: Marodes Bergwerk: Bergung des Asse-Atommülls wird mehr als zehn Jahre dauern vom 6. Oktober 2011
  15. Frankfurter Rundschau: Bundesamt - Asse stärker verstrahlt vom 15. April 2010 (via WayBack)
  16. asse.bund.de: TÜV SÜD überprüft Inventar-Bericht des Helmholtz-Zentrums vom 16. August 2011 (via WayBack)
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