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Atomenergie in Europa > Russland > Majak, ehemalige Sowjetunion 1957 > Majak (Russland)

5 graphitmoderierte Reaktoren, vier Schwerwasserreaktoren, ein Leichtwasserreaktor •
Inbetriebnahme: 1948/1950/1951/1951/1951/1952/1955/1966/1979/1987 •
Abschaltung: 1987/1989/1990/1966/1987/1990/1965/1986/offen/offen •[1][2]


Standort

Majak Satellitenkarte

Satellitenfoto/Karte der kerntechnischen Anlage Majak, der geschlossenen Stadt Osjorsk (Tscheljabinsk-65), dem AKW Süd-Ural etc.

Majak befindet sich 15 Kilometer östlich der Stadt Kyschtym in der Oblast Tscheljabinsk an der Ostseite des südlichen Urals[1] und war ab 1945 wichtiger Bestandteil der Pläne Stalins, schnell waffenfähiges Plutonium herzustellen und den Rückstand der Sowjetunion bei nuklearen Waffen aufzuholen.[3]

Vom März 1949 bis November 1951 wurden große Mengen hochradioaktiver Flüssigabfälle in den Fluss Tetscha geleitet.[4] Am 27. April 1951 wurden aufgrund einer Flut des Flusses Tetscha landwirtschaftliche Nutzflächen kontaminiert.[5]

1957 ereignete sich in Majak ein verheerender Atomunfall, der in seinen Ausmaßen mit den Katastrophen von Fukushima und Tschernobyl vergleichbar ist, aber erst 1989 öffentlich bekannt und bis heute nur selten in den Medien behandelt wurde. Detaillierte Informationen dazu unter → Majak, ehemalige Sowjetunion 1957.

Am 2. Januar 1958 starben in einer Versuchsabteilung in Majak drei Menschen, nachdem es zu einer spontanen Kettenreaktion in einer Uranylnitrat-Lösung gekommen war.[6]

Am 2. April 1967 wurden vom Wind radioaktive Partikel von ausgetrockneten Stellen des Karatschai-Sees, in dem Atommüll entsorgt wurde, über bewohnte Gebiete geweht. Am 5. April 1968 kamen bei einem Experiment aufgrund eines Kritikalitätsunfalls zwei Menschen ums Leben.[5]

Am 4. Februar 1994 wurden radioaktive Gase innerhalb der Anlage freigesetzt.[7]

2017 zog eine schwachradioaktive Wolke mit dem Element Ruthenium über Europa. Es erhob sich schnell der Verdacht, dass es einen Unfall in Russland, möglicherweise in Majak, gegeben hatte. Der russische Konzern ROSATOM dementierte. Im Juli 2019 bekräftigte ein internationales Wissenschaftlerteam, dass ein Unfall vertuscht werden sollte und Majak "wahrscheinlicher Kandidat" für den Urspung der Wolke war.[8] Siehe dazu auch eine neuere Rekonstruktion des Ereignisses → NZZ: 2017 zog eine radioaktive Wolke über Europa, deren Ursprung bis heute umstritten ist. Jetzt haben Forscher rekonstruiert, was damals passiert ist vom 16. Juni 2020

In Majak wurden, neben zwei Wiederaufarbeitungsanlagen und einer Fabrik zur Herstellung von metallischem Plutonium, die folgenden zehn Reaktoren zur Plutoniumproduktion errichtet, aufgeführt in der Reihenfolge ihrer Inbetriebnahme.

A-Reaktor

Der A-Reaktor, auch Annushka oder Anotchka (Kleine Anna) genannt, war der erste, der in Majak in Betrieb genommen wurde.

Er wurde mit Graphit moderiert, mit Leichtwasser gekühlt und Natururan betrieben, erreichte nach 21monatiger Bauzeit am 7. Juni 1948 Kritikalität und lief ab 22. Juni 1948 im Vollbetrieb. Er besaß eine thermische Leistung von zunächst 100, später 500 MW. Das erste Betriebsjahr war von zahlreichen Zwischenfällen und Unfällen geprägt, die durch Korrosion an den Aluminiumrohren und der Brennstoffverkleidung, Überhitzung und Lecks verursacht wurden. Wegen technischer Schwierigkeiten musste der Uranbrennstoff nach der Nutzung oben aus dem Reaktor in den zentralen Reaktorraum herausgezogen werden. Viele Arbeiter wurden sehr starker Radioaktivität ausgesetzt und litten an Strahlungskrankheiten.[1][2]

Der A-Reaktor produzierte Plutonium für eine Kugel mit einem Durchmesser von zehn cm, die für den ersten sowjetischen Atombombentest am 29. August 1949 benutzt wurde.[1]

Am 16. Juni 1987 wurde die Anlage abgeschaltet, danach wurden der Brennstoff entladen und einige Komponenten rückgebaut. Es ist noch nicht entschieden, ob das Atomkraftwerk in den sicheren Einschluss gehen oder abgerissen werden soll.[2][1]

AV-1

Der Grund für den Bau des AV-1-Reaktors war, dass der Bedarf an Plutonium durch den A-Reaktor nicht mehr gedeckt werden konnte. Der AV-1 wurde graphitmoderiert, mit Leichtwasser gekühlt und mit Natururan betrieben. Er wurde am 15. Juli 1950 in Betrieb genommen und am 12. August 1989 stillgelegt.[1][2]

AV-2

Der AV-2 wurde wie der AV-1 graphitmoderiert, mit Leichtwasser gekühlt und mit Natururan betrieben. Zum Schutz vor radioaktiver Strahlung war der Kern von mehreren Schichten aus Wasser, Sand und Beton umgeben.[1]

Das Atomkraftwerk wurde am 6. April 1951 in Betrieb genommen (nach einer anderen Quelle am 30. März) und am 14. Juli 1990 stillgelegt. Er war größer als der A-Reaktor und ungefähr vergleichbar mit dem B-Reaktor und dem C-Reaktor im US-amerikanischen militärischen Komplex Hanford.[1][2]

OK-180

Der OK-180 wurde mit Schwerwasser moderiert und gekühlt. Er ging am 17. Oktober 1951 in Betrieb und wurde am 3. März 1966 stillgelegt.[2]

IR/AI

Der IR-Reaktor, auch als AI bezeichnet, wurde graphitmoderiert, mit Leichtwasser gekühlt, mit Natururan betrieben und besaß eine thermische Leistung von 65 MW. Mit dem Bau der Einheit wurde am 18. August 1950 begonnen. Sie wurde am 22. Dezember 1951 in Betrieb genommen und am 24. Mai 1987 stillgelegt, im selben Jahr wie der A-Reaktor.[1][2]

Der IR/AI diente nicht nur zur Produktion von Plutonium für militärische Zwecke, sondern auch zur Forschung an Brennelementen und Brennstäben des A-Reaktors und der graphitmoderierten kommerziellen RBMK-Reaktoren,[1] mit denen auch die vier Einheiten in Tschernobyl ausgestattet waren.

AV-3

Der AV-3 wurde graphitmoderiert, mit Leichtwasser gekühlt und mit Natururan betrieben. Mit dem Bau wurde im Januar 1951 begonnen. Der AV-3 wurde am 15. September 1952 in Betrieb genommen und am 1. November 1990 (nach anderer Quelle am 10. November) stillgelegt.[1][2]

OK-190

Die mit Schwerwasser moderierte und gekühlte Einheit OK-190 ging am 27. Dezember 1955 in Betrieb und wurde am 8. Oktober 1965 stillgelegt.[2]

OK-190M

Der OK-190M wurde mit Schwerwasser moderiert und gekühlt. Er ging 1966 in Betrieb und wurde am 16. April 1986 stillgelegt.[2]

Ruslan

Ruslan ging am 18. Juni 1979 in Betrieb, besitzt eine thermische Leistung von 1.000 MW und wird mit Leichtwasser moderiert und gekühlt.[1][2]

Das Atomkraftwerk dient zur Produktion von Tritium, Plutonium-238 (beides für militärische Zwecke), Karbon-14, Kobalt-16, Iridium-192 und anderer radioaktiver Isotope. 1993 wurden von der Regulierungsbehörde Gosatomnadzor verschiedene Sicherheitsmängel an der Einheit konstatiert, insbesondere das Fehlen einer zuverlässigen Notstromversorgung.[1][2]

Lyudmila/LF-2

Der Reaktor Lyudmila, auch LF-2 genannt, ging am 31. Dezember 1987 in Betrieb, besitzt eine thermische Leistung von 1.000 MW und wird (je nach Quellenangabe) mit Schwer- oder Leichtwasser moderiert und gekühlt.[1][2]

Wie Ruslan dient Lyudmila zur Produktion von Tritium, Plutonium-238 (beides für militärische Zwecke), Karbon-14, Kobalt-16, Iridium-192 und anderer radioaktiver Isotope. Auch bei ihm wurden Sicherheitsmängel, wie das Fehlen einer zuverlässigen Notstromversorgung, konstatiert.[1][2]

(Letzte Änderung: 15.04.2024)

Einzelnachweise