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Rückbau von Atomkraftwerken > Niederaichbach (Bayern)

In Betrieb 1972 bis 1974 • Stilllegung 1975 • Beginn des Rückbaus 1987 • Ende des Rückbaus 1995


Datei:Kernkraftwerk Niederaichbach (KKN).png

AKW Niederaichbach 1988

Das Atomkraftwerk Niederaichbach (KKN) mit 106 MW Leistung wurde am 17. Dezember 1972 in Betrieb genommen und ging bereits am 31. Juli 1974 wieder außer Betrieb. Betreiber war das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), vormals Forschungszentrum Karlsruhe GmbH.[1]

Das KKN war der Prototyp eines Schwerwasser-Druckröhrenreaktors, der mit Natururan betrieben, mit Kohlendioxid gekühlt und mit Schwerwasser moderiert wurde. Den Baukosten von 230 Mio. DM standen Kosten für Stilllegung und Rückbau von 280 Mio. DM gegenüber.[2]

Der Reaktor ist neben dem "Schnellen Brüter" ein weiteres Beispiel für eine Investitionsruine in der deutschen Atomkraftära. Schon 1957 gab es Planungen für den Reaktor, dessen Wirtschaftlichkeit u. a. von der Euratom-Kommission und der Deutschen Atomkommission für gut befunden worden war.[3] Zwar war schon 1967, ein Jahr nach Baubeginn, absehbar, dass der Schwerwasserreaktor gegenüber den kostengünstigeren Leichtwasserreaktoren keine Zukunft haben würde. Der Reaktor wurde aber dennoch fertiggebaut, "um, wie [der damalige bayerische Umwelt-] Minister Dick rechtfertigte, "wertvolle technische Erfahrungen für andere Vorhaben" zu sichern."[4]

Der Druckröhrenreaktor war eine komplexe Konstruktion, in der die Brennelemente nicht in einem gemeinsamen Druckbehälter, sondern in zahlreichen Röhren untergebracht waren, durch die das Kühlmittel strömte.[5] Das AKW Niederaichbach wurde nach nur 18 Tagen Betriebsdauer innerhalb der eineinhalb Jahre Betriebszeit aufgrund technischer und wirtschaftlicher Probleme abgeschaltet. "Im Zuge der Herstellung des "Gesicherten Einschlusses" wurden die Brennelemente und die Betriebsmedien abtransportiert und das radioaktive Inventar im Sicherheitsbehälter eingeschlossen." Im Jahre 1986 erstellte die Strahlenschutzkommission das Konzept für den Rückbau.[6]

In einem Artikel des "Spiegel" aus dem Jahre 1986 wurde der Beginn des Rückbaus näher beschrieben: "Im Reaktor herrscht noch heute eine Strahlung von mehreren tausend Curie. (…) Niederaichbach ist ein Denkmal für das schier grenzenlose Technikvertrauen der Atomindustrie und für deren Versagen zugleich. (…) Abtransportiert werden 130000 Tonnen Bauschutt, an dem keine Strahlung mehr vorhanden ist, 17000 Tonnen kontaminierter Stahl und je 500 Tonnen radioaktiver Stahl und Beton."[7]

Kaminsprengung_Kernkraftwerk_Niederaichbach

Kaminsprengung Kernkraftwerk Niederaichbach

Kaminsprengung Kernkraftwerk Niederaichbach (ab 1:47), hochgeladen in YouTube am 14.05.2011

Der Rückbau dauerte acht Jahre: "Von 1987 bis 1995 erfolgte die Demontage und Beseitigung; es war der europaweit erste vollständige Rückbau eines Kernkraftwerks bis hin zur "grünen Wiese". (...) Die Stahlteile von Druckbehältern, Kühlmaschinen und Notstromdiesel kamen 1995 in Castor-Behältern zum Kernforschungszentrum Karlsruhe und wurden erst im Februar 2011 in das Zwischenlager Nord bei Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern transportiert. Die Brennstäbe lagern noch heute in Behältern vor Ort."[8]

Nach dem KKN wurden in unmittelbarer Nähe die AKW Isar 1 und Isar 2 gebaut. (Status: 4. Januar 2013)

→ Nucleopedia: Kernkraftwerk Niederaichbach

Einzelnachweise

  1. IAEO: PRIS - Country Statistics - Germany
  2. Deutscher Bundestag: Drucksache 13/721 vom 09.03.1995
  3. DER SPIEGEL 8/1977: Nein sagen, wenn wir entscheiden könnten vom 14. Februar 1977
  4. DER SPIEGEL 41/1979: Eventuell Radi vom 8. Oktober 1979
  5. KIT: Lexikon Kernenergie abgerufen am 5. Mai 2013
  6. Strahlenschutzkommission: Demontage und Beseitigung des Kernkraftwerkes Niederaichbach vom 18. April 1986
  7. DER SPIEGEL 28/1986: Der richtige Platz für eine Hühnerfarm vom 7. Juli 1986
  8. BR.de: Wie schaltet man ein AKW ab? vom 6. Juni 2011
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