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Atomenergie in Europa > Weißrussland > Ostrovets (Weißrussland)

2 Duckwasserreaktoren • Leistung: 2 x 1.194 MW • Typ: 2 x WWER V-491 •
Hersteller: Atomstroiexport • Baubeginn: 8. November 2013/27. April 2014 •
Inbetriebnahme: 11. Oktober 2020/25. März 2023[1][2]


AKW an der EU-Grenze

Belarusian Nuclear Power Plant construction (2017) 2

Atomkraftwerk Ostrovets

Der Standort für das erste weißrussische Atomkraftwerk befindet sich in der Nähe der Stadt Ostrovets (auch: Ostrovez, Ostrowez, Astravets oder Astrawiez geschrieben) im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Litauen, unweit der litauischen Hauptstadt Vilnius.[3]

In Ostrovets wurden seit 2013/2014 zwei Druckwasserreaktoren mit einer Leistung von je 1.194 MW errichtet. Eigentümer und Betreiber der Anlage ist das staatliche Einheitsunternehmen Belarusian Nuclear Power Plant.[1]Mit dem Bau der beiden schlüsselfertigen Reaktoren hatte Weißrussland am 11. Oktober 2011 das russische Unternehmen Atomstroiexport JSC (ASE) beauftragt,[4] eine Tochter von ROSATOM. Die Inbetriebnahme war ursprünglich für 2017 bzw. 2018 geplant.[5]

Die erste Einheit ging jedoch erst am 11. Oktober 2020 mit der ersten selbsterhaltenden Kettenreaktion (Kritikalität) in Betrieb, die zweite am 25. März 2023.[1][2] Am 10. November 2020 musste Ostrovets-1 vorübergehend wieder vom Netz genommen werden, da "einzelne elektronische Messgeräte und Trafos ausgetauscht werden müssten".[6]

Finanzierung durch Russland

Мощность_белорусской_АЭС_будет_достигать_2_400_мегаватт

Мощность белорусской АЭС будет достигать 2 400 мегаватт

(Hochgeladen in YouTube am 16. August 2012)

Die Gesamtkosten des Projekts wurden im Oktober 2011 auf 7 Mrd. US-Dollar geschätzt, von denen Russland 90 % mit einem Staatskredit vorfinanzieren wollte, da Weißrussland vor der Staatspleite stand.[5] Bei Unterzeichnung des finalen Vertrags zwischen Weißrussland und Russland am 18. Juli 2012 wurden bereits 10 Mrd. US-Dollar genannt.[7]

Umweltschützer in Weißrussland beklagten 2012, dass Weißrussland als Versuchsgelände für einen neuen russischen Reaktortyp missbraucht werden solle, der bislang noch nirgendwo gebaut wurde, für den es nicht einmal einen Bauplan oder ein Modell gab.[8]

Am 31. Mai 2012 wurde der Vertrag für das AKW zwischen Weißrussland und Russland paraphiert.[9] Russland gewährt Weißrussland einen Kredit zur Finanzierung des Atomkraftwerks für einen Zeitraum von acht Jahren, allerdings nur in einer Höhe von maximal 500 Mio. US-Dollar.[10]

Proteste gegen den Bau wurden unterdrückt.[11] Bei nicht genehmigten Demonstrationen am 25. April 2011 und 18. Juli 2012 wurden die Teilnehmer zu Geldstrafen oder Administrativhaftstrafen verurteilt.[12]

Im März 2015 wurde die Meinung geäußert, der Wertverlust des russischen Rubels gegenüber dem Euro könne den Bau des AKW negativ beeinflussen. Die weißrussische Regierung wies diese Meinung zurück.[13]

Am 10. Juli 2016 kam es zu einem Unfall, den Weißrussland 16 Tage verschwieg: Kräne ließen eine 330 Tonnen schwere Reaktorhülle aus mehreren Metern Höhe fallen.[14] Wegen dieses Vorfalls werde sich die Fertigstellung von Ostrovets-1 um ein Jahr auf 2019 verschieben.[15]

Baltikum: Einstellung des Stromhandels mit Weißrussland

Am 20. August 2013 forderte der litauische Ministerpräsident Weißrussland auf, kein Atomkraftwerk in der unmittelbaren Nachbarschaft Litauens zu errichten.[16]

Die litauische Regierung ist besorgt, weil das AKW nur 35 Kilometer von der litauischen Grenzen entfernt ist. Im Juli 2014 wurde gemeldet, dass Weißrussland das Übereinkommen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo) verletze.[17] Litauischen Geologen zufolge liegt der Standort Ostrovets in einem erdbebengefährdetem Gebiet.[18]

Am 3. September 2020 einigten sich die drei baltischen Staaten darauf, den Stromhandel mit Weissrussland einzustellen, wenn das Atomkraft Ostrovets in Betrieb genommen wird.[19]

Weitere Links

→ belaes.by: Belarusian Nuclear Power Plant (Homepage)
→ Nucleopedia: Kernkraftwerk Ostrowets
→ Sputnik Images: Construction of nuclear power plant in Ostrovets, Belarus (Bilder vom AKW Ostrovets; via WayBack)
→ Ostrovets: Ostrovetskaya site chosen for Belarus’ future nuclear power plant vom 20. September 2008 (via WayBack)

(Letzte Änderung: 29.03.2023)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 IAEO PRIS: Belarus abgerufen am 29 März 2023
  2. 2,0 2,1 nuklearforum.ch: Weissrussland: Belarus-2 kritisch vom 28. März 2023
  3. WNA Reactor Database: Belarusian 1, Belarus abgerufen am 24. September 2020
  4. nuklearforum.ch: Bauauftrag für weissrussisches Kernkraftwerk vom 18. Oktober 2011
  5. 5,0 5,1 Spiegel Online: Trotz Protesten: Weißrussland will 2012 erstes Atomkraftwerk bauen vom 13. Oktober 2011
  6. deutschlandfunk.de: Atomkraftwerk Belarus - Technikprobleme nach Betriebsstart vom 10. November 2020
  7. world nuclear news: Contract complete for nuclear power in Belarus vom 19. Juli 2012
  8. DasErste.de: Weißrussland: Der Diktator baut ein Kernkraftwerk vom 16. September 2012 (via WayBack)
  9. RiaNovosti: Moskau und Minsk paraphieren Basisvertrag über Bau von AKW in Weißrussland vom 31. Mai 2012 (via WayBack)
  10. nuklearforum.ch: Russisches Darlehen für Bauprojekt in Weissrussland vom 30. Mai 2014
  11. taz.de.: Atomkraftwerk für den Diktator vom 19. Juli 2012
  12. Deutscher Bundestag: Risiken des geplanten Atomkraftwerks in Belarus (Drucksache 17/11779) vom 5. Dezember 2012
  13. INNCH: Belarus project unaffected by fall in rouble against euro, says ministry vom 13. März 2015
  14. kurier.at:Sicherheitsmängel.Vilnius: "Brauchen Strom des unsicheren Reaktors nicht". vom 11. August 2016
  15. nuklearforum.ch: Fortschritte und Verzögerungen in Weissrussland vom 8. Dezember 2016
  16. BelarusDigest: Belarus and Lithuania: A Tale of Two Nuclear Power Plants vom 27. August 2013 (via WayBack)
  17. nuklearforum.ch: Kernkraftwerksprojekt in Weissrussland verletzt Espoo-Konvention vom 18. Juli 2014
  18. heute.at: Weißrussland plant AKW in Erdbebengebiet vom 2. April 2012 (via WayBack)
  19. world nuclear news: Baltic States agree to block nuclear power from Belarus vom 3. September 2020